Die Gefährdungsbeurteilung gemäß § 3 Abs. 4 der 42. BImSchV ist ein zentrales Instrument zur Sicherstellung des hygienisch einwandfreien Betriebs von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern. Sie dient sowohl dem Schutz der Allgemeinheit vor gesundheitsgefährdenden Mikroorganismen als auch der rechtlichen Absicherung des Betreibers. Die Beurteilung umfasst die Analyse und Bewertung hygienischer Risiken, definiert notwendige Maßnahmen und ist regelmäßig zu aktualisieren. Die Einbindung hygienisch fachkundiger Personen sowie die lückenlose Dokumentation im Betriebstagebuch sind zentrale Bestandteile dieses Prozesses. Im Folgenden werden die rechtlichen Grundlagen, inhaltlichen Anforderungen, praktischen Umsetzungen und Verantwortlichkeiten präzise zusammengefasst.

Die fünf wichtigsten Erkenntnisse zur Gefährdungsbeurteilung
  1. Rechtliche Grundlagen

Die Gefährdungsbeurteilung ist verpflichtend vor Inbetriebnahme oder Wiederinbetriebnahme einer Anlage zu erstellen (§ 3 Abs. 4 42. BImSchV). Sie ergänzt bestehende Vorschriften wie ArbSchG, BetrSichV, BioStoffV, GefStoffV. Eine Überprüfung erfolgt mindestens alle zwei Jahre oder bei relevanten Änderungen. Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeit (§ 19 Nr. 3).

  1. Inhalte

Die Beurteilung besteht aus Risikoanalyse (Identifikation und Bewertung hygienisch relevanter Gefährdungen) und Risikobewertung (Priorisierung und Ableitung von Maßnahmen). Mindestdokumentation: Anlagenschema, Betriebsweise, Wasserqualität, Verantwortlichkeiten, Standortanalyse. Hilfreich: Checklisten (z. B. Anhang C der VDI 2047-2).

  1. Praktische Umsetzung

Ziel ist die Minimierung mikrobiologischer Belastungen – insbesondere Legionellen. Die Beurteilung muss alle Betriebszustände einschließen. Darauf aufbauend ist ein Maßnahmenplan zu erstellen, der auch Reaktionen auf Abweichungen regelt. Regelmäßige Sichtprüfungen und Funktionskontrollen sind verpflichtend.

  1. Weitere Anforderungen

Der Betreiber trägt die Hauptverantwortung – unabhängig davon, ob externe Dienstleister einbezogen werden. Hygienisch fachkundige Personen (hfP) unterstützen bei der Erstellung und Prüfung. Vorgesetzte und Betriebsverantwortliche sind verkehrssicherungspflichtig. Die Einhaltung der Garantenpflicht ist zwingend.

  1. Langfristige Überwachung

Das Betriebstagebuch dokumentiert u. a. die Gefährdungsbeurteilung, Betriebszustände, Biozidzugaben, Untersuchungsergebnisse und Maßnahmen. Es ist gemäß § 12 der 42. BImSchV zu führen, jederzeit einsehbar und fünf Jahre aufzubewahren. Die Beurteilung selbst ist kein Bestandteil des Tagebuchs, muss aber darin dokumentiert sein.

Rechtliche Aspekte der Hygiene-Gefährdungsbeurteilung

Gesetzliche Basis

Die 42. BImSchV (§ 3 Abs. 4) legt die Pflicht zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung fest. Neben der 42. BImSchV sind auch andere Gesetze und Verordnungen relevant, die eigene Gefährdungsbeurteilungen oder spezifische Anforderungen vorschreiben:

  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
  • Biostoffverordnung (BioStoffV)
  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)

Die Anforderung der 42. BImSchV ist eine zusätzliche anlagenbezogene Gefährdungsbeurteilung.

 

Aktualisierungspflicht und Sanktionen

Die Gefährdungsbeurteilung muss bei maßgeblichen Veränderungen der Arbeitsbedingungen oder neuen Informationen unverzüglich aktualisiert werden. Ansonsten ist sie mindestens alle zwei Jahre zu überprüfen.

Die Nichteinhaltung der Pflicht zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung oder deren unvollständige Erstellung kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 19 Nr. 3 der 42. BImSchV).

Inhaltliche Anforderungen

Risikoanalyse: Identifizierung und Beurteilung

 

Die Risikoanalyse umfasst:

  • Identifizierung möglicher Gefährdungen: Insbesondere hygienisch kritische Stellen und Betriebszustände
  • Beurteilung des Risikos: Hinsichtlich des potenziellen Schadensausmaßes und der Eintrittswahrscheinlichkeit

Mindestangaben zur Dokumentation:

  • Anlagenschema
  • Technische Daten
  • Eingesetzte Werkstoffe
  • Behandlungsprogramme
  • Betriebsweise
  • Reinigungs- und Instandhaltungsintervalle
  • Wasserbeschaffenheit
  • Klärung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten
  • Bewertung des Aufstellortes im Hinblick auf mögliche Exposition

Zur Unterstützung der Risikoanalyse können Checklisten verwendet werden, wie die in der VDI 2047 Blatt 2 in Anhang C beschriebenen.

Risikobewertung: Priorisierung und Maßnahmenableitung

 

Die Risikobewertung beinhaltet:

  • Priorisierung der Risiken: Basierend auf ihren potenziellen Auswirkungen auf die hygienische Sicherheit
  • Ableitung von Maßnahmen: Priorisierung der daraus resultierenden Maßnahmen, z.B. mittels einer Risikomatrix (Ampelmodell)

Praktische Umsetzung

Zweck und Betriebsweise

Das Ziel ist es, Verunreinigungen des Nutzwassers durch Mikroorganismen, insbesondere Legionellen, nach dem Stand der Technik zu vermeiden. Die Gefährdungsbeurteilung muss alle möglichen Betriebszustände der Anlage abdecken, einschließlich Stillstandszeiten und Wiederinbetriebnahmen nach Unterbrechungen des Nutzwasserkreislaufs.

Maßnahmenplan: Standardreaktionen bei Abweichungen

Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung ist ein Maßnahmenplan zu erstellen. Dieser sollte Standardreaktionen bei Abweichungen vom hygienisch unbedenklichen Betrieb festlegen:

  • Technische Maßnahmen bei Prüfwertüberschreitungen
  • Gefahrenabwehrmaßnahmen bei Maßnahmenwertüberschreitungen

Überprüfung und Kontrolle

Regelmäßige Sichtprüfungen und Kontrollen durch geschultes Personal sind wichtig, um Hygienemängel frühzeitig zu erkennen:

  • Funktionsprüfungen von Mess- und Regeltechnik
  • Kontrolle von Pumpen und Filtern
  • Überwachung auf mineralische Ablagerungen, Schmutz, Biofilme
  • Prüfung auf Beschädigungen und Korrosion

Verantwortliche Personen

Betreiberverantwortung

Der Betreiber ist die primär verantwortliche Person oder juristische Einheit, die die tatsächliche Verfügungsgewalt und Sachherrschaft über die Anlage ausübt. Er muss sicherstellen, dass die Gefährdungsbeurteilung erstellt wird und den Anforderungen entspricht, auch wenn Dritte damit beauftragt werden.

Weitere Verantwortlichkeiten

  • Organisationsverschulden: Vorgesetzte oder Betriebsverantwortliche sind aufgrund ihrer Stellung verkehrssicherungspflichtig
  • Garantenpflicht: Der Unternehmer hat eine übergeordnete Garantenpflicht zur Gefahrenvermeidung
  • Hygienisch fachkundige Person (hfP): Unterstützt bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung und Durchführung der Prüfschritte

Betriebshandbuch: Verpflichtende Dokumentation

Das Betriebshandbuch (Betriebstagebuch) ist ein verpflichtendes Dokumentationsinstrument gemäß § 12 der 42. BImSchV. Es muss jederzeit einsehbar sein und in Klarschrift vorgelegt werden können. Die Aufbewahrungsfrist beträgt fünf Jahre ab dem Datum des letzten Eintrags. Das Betriebshandbuch (Betriebstagebuch) ist nicht Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung selbst, sondern ein separates, verpflichtendes Dokumentationsinstrument gemäß § 12 der 42. BImSchV. Während die Gefährdungsbeurteilung ein einmaliger Bewertungsprozess vor Inbetriebnahme ist (mit regelmäßigen Überprüfungen), dient das Betriebshandbuch der kontinuierlichen Dokumentation des laufenden Anlagenbetriebs. Die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung muss unverzüglich im Betriebshandbuch dokumentiert werden – das Betriebshandbuch ist also das Dokumentationsinstrument, in dem unter anderem auch die Gefährdungsbeurteilung erfasst wird.

 

Inhalte des Betriebshandbuchs (§ 12 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Teil 1):

  • Anlagen-ID, Standort, Betreiberangaben
  • Art der Anlage (Verdunstungskühlanlage, Nassabscheider, Kühlturm)
  • Datum der erstmaligen Inbetriebnahme
  • Änderungen an der Anlage (Art, Beginn, Wiederinbetriebnahme)
  • Datum der Stilllegung
  • Angaben zum Betriebszustand und Zustandsänderungen
  • Überschreitungen der Prüf- und Maßnahmenwerte, ergriffene Maßnahmen
  • Angaben zur Biozidzugabe (Zeitpunkt, Menge, Art)
  • Sonstige Nachweise gemäß Verordnung
  • Datum und Stelle der Überprüfung nach § 14

 

Weitere Dokumentationspflichten

Neben den Mindestangaben müssen weitere Informationen dokumentiert werden:

  • Erstellung der Gefährdungsbeurteilung
  • Durchführung der Prüfschritte nach Anlage 2 vor Inbetriebnahme/Wiederinbetriebnahme
  • Ergebnisse von Erstuntersuchungen und Referenzwert
  • Laborergebnisse (als Anlage)
  • Ursachenermittlungen und Maßnahmen bei Anstieg der Koloniezahl
  • Ursachen von Störungen und ergriffene Maßnahmen