Aerosole sind winzige Wassertröpfchen, die beim Betrieb von Verdunstungskühlanlagen und Kühltürmen entstehen, wenn Wasser verdunstet und durch Luftströmungen fortgetragen wird. Diese feinen Tröpfchen können mit Mikroorganismen wie Legionellen belastet sein und gelangen über den Luftaustritt in die Umwelt.
Dokumentierte Ausbrüche in Philadelphia (1976), Ulm (2010) und Warstein (2013) haben gezeigt, wie weitreichend die Gefahr durch Aerosole ist. Untersuchungen belegen, dass sich diese Aerosole über Distanzen von bis zu 7 Kilometern ausbreiten können. Da diese feinen Tröpfchen beim Einatmen tief in die Lunge vordringen, bergen sie ein erhebliches Gesundheitsrisiko. Mit der 42. Bundes-Immissionsschutzverordnung, die im August 2017 in Kraft trat, wurden verbindliche Anforderungen etabliert, um die Freisetzung gefährlicher Aerosole zu kontrollieren.
Inhalte
Bioaerosole: Definition und Gesundheitsrisiken bei Kontakt
Bioaerosole sind luftgetragene Partikel biologischen Ursprungs – in diesem Fall feinste Wassertröpfchen, die Legionellen enthalten. Das sind stäbchenförmige, aerobe, gramnegative Bakterien, die natürlicherweise in geringen Konzentrationen in Oberflächengewässern, im Grundwasser und im Boden vorkommen. Die Gattung Legionella umfasst über 50 Arten, wobei Legionella pneumophila – eingestuft in Risikogruppe 2 nach TRBA 466 – die bekannteste ist. Die meisten Erkrankungen gehen auf Stämme von Legionella pneumophila Serogruppe 1 zurück.
Die besondere Gefahr von Bioaerosolen liegt in ihrer Größe: Die Tröpfchen sind so fein, dass sie beim Einatmen die oberen Atemwege passieren und tief in die Lunge gelangen. Die Infektion erfolgt nicht durch Trinkwasser, sondern ausschließlich durch das Einatmen dieser kontaminierten Aerosole. In der Lunge angekommen, können die Erreger zwei Krankheitsbilder auslösen:
Das Pontiac-Fieber:
- Influenza-ähnliche Erkrankung
- Grippeähnliche Symptome
- Spontane Ausheilung
- Milde Verlaufsform
Die Legionärskrankheit:
- Atypische Lungenentzündung
- Symptome: Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Müdigkeit
- Zusätzlich: Muskelschmerzen, trockener Husten, Atembeschwerden
- Möglicher tödlicher Verlauf
- Sterblichkeitsrate: bis zu 10 Prozent
Das Robert-Koch-Institut schätzt die Zahl der Erkrankungen in Deutschland auf etwa 6.000 bis 10.000 Fälle pro Jahr. Risikogruppen umfassen Personen mit geschwächtem Immunsystem, Vorerkrankungen wie chronischen Lungenerkrankungen oder Diabetes, Raucher, Alkoholiker, Krebspatienten und ältere Personen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist bisher nicht nachgewiesen – die Infektion erfolgt ausschließlich über die eingeatmeten Bioaerosole.
Entstehung und Freisetzung legionellenhaltiger Tröpfchen durch Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider
Verdunstungskühl-Anlagen, Kühltürme und Nassabscheider sind die Hauptquellen für legionellenhaltige Aerosole. Bei diesen technischen Anlagen entsteht der feine Wassernebel durch mehrere Mechanismen: Bei der Verdunstung des Kühlwassers werden feine Tröpfchen mit dem Luftstrom mitgerissen. Zusätzlich erzeugen Sprühdüsen, Rieselfilme und die Bewegung des Wassers über Einbauten weitere Aerosole. Die offene Bauweise von Kühltürmen begünstigt, dass dieser Feinnebel ungehindert in die Umgebung gelangt.
Diese Anlagen bieten mit Wassertemperaturen zwischen 20°C und 45°C optimale Bedingungen für die Vermehrung von Legionellen – Temperaturbereiche, die im regulären Betrieb typischerweise auftreten. Legionellen sind überlebensfähig bis zu etwa 60°C. Unter 25°C verringert sich ihre Vermehrung, unter 0°C stoppt sie vollständig. Sobald sich Legionellen im Kühlwasser vermehrt haben, werden sie kontinuierlich mit den austretenden Aerosol Tropfen in die Umgebung freigesetzt.
Biofilme in Leitungssystemen verschärfen das Problem der Aerosolkontamination. Legionellen benötigen Amöben als Wirt und vermehren sich intrazellulär in diesen Einzellern. Die Amöben dienen als „Vehikel“ und bieten Schutz vor Desinfektionsmaßnahmen. In diesen Biofilmen können sich die Legionellen massiv vermehren und werden mit dem Wasserstrom eingetragen, wo sie dann mit den Aerosolen freigesetzt werden.
Die durch Verdunstungskühlanlagen abgegebene Menge an aerosolbeladener Fortluft kann mehrere 100.000 Kubikmeter pro Stunde betragen. Diese gewaltigen Volumenströme erklären, warum selbst geringe Legionellenkonzentrationen im Wasser zu einer erheblichen Freisetzung legionellenhaltiger Aerosole führen können.
Wer benötigt die VDI 2047-Schulung?
Die VDI 2047-Schulung richtet sich an alle, die für den Betrieb, die Wartung oder die Inbetriebnahme von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen oder Nassabscheidern verantwortlich sind – also an alle, die mit der Hygiene von Kühlwassersystemen in Berührung kommen.
➨ Kurz gesagt: Alle, die mit Planung, Betrieb oder Kontrolle von Verdunstungskühlanlagen zu tun haben, sollten die VDI 2047-Schulung absolvieren – sie stellt sicher, dass Anlagen hygienisch einwandfrei, effizient und rechtssicher betrieben werden.
Ausbreitungsverhalten und Reichweite von Aerosolen
Die Ausbreitung von Aerosolen aus Verdunstungskühlanlagen ist ein komplexes physikalisches Phänomen. Aerosole verhalten sich anders als Gase: Ihre Ausbreitung wird nicht nur durch Diffusion bestimmt, sondern auch durch die Größe und das Gewicht der Tröpfchen sowie durch meteorologische Bedingungen. Mehrere Faktoren beeinflussen, wie weit und in welche Richtung sich die aerosolbeladener Fortluft verteilt:
- Temperatur: Beeinflusst die Verdunstungsrate der Tröpfchen und thermische Luftströmungen
- Luftfeuchte: Bestimmt, wie schnell Aerosole verdunsten oder ihre Größe beibehalten
- Windrichtung: Gibt die Hauptausbreitungsrichtung vor
- Windgeschwindigkeit: Bestimmt, wie schnell und wie weit Aerosole transportiert werden
Aerosole mit Durchmessern von 1-10 Mikrometern können besonders lange in der Luft schweben und werden mehrere Kilometer weit transportiert. Untersuchungen zeigten zunächst maximale Übertragungswege von etwa 3 Kilometern. Ein Ausbruch im Jahr 2003 in Pas-de-Calais, Frankreich, dokumentierte jedoch Reichweiten von 6 bis 7 Kilometern. Diese Erkenntnisse haben die Risikobewertung für Aerosole aus Verdunstungskühlanlagen grundlegend verändert.
Im bebauten Raum wird die Ausbreitung von Aerosolen zusätzlich kompliziert. Hier entsteht ein Mikroklima, das durch folgende Faktoren beeinflusst wird:
- Bebauung: Gebäude verändern Strömungsmuster
- Untergrund: Beeinflusst lokale Temperaturen und Luftbewegungen
- Bewuchs: Verändert Luftströmungen und Luftfeuchtigkeit
Die tatsächliche Ausbreitungsrichtung von Aerosolen im bebauten Raum folgt nicht zwingend der vorherrschenden Windrichtung. Luftverwirbelungen, Kanalisierungseffekte zwischen Gebäuden und thermische Aufwinde beeinflussen die Verteilung erheblich. Aerosole können durch Sogeffekte und Verwirbelungen auch in Bereiche gelangen, die nicht direkt im Hauptwindstrom liegen.
Betroffene Bereiche durch Aerosolausbreitung können umfassen:
- Fensterfronten umliegender Gebäude: Aerosole gelangen in Innenräume
- Ansaugungen raumlufttechnischer Anlagen (RLT-Anlagen): Aerosole werden aktiv angesaugt und verteilt
- Park- und Lagerplätze: Exponierte Aufenthaltsbereiche
- Umliegende und darunterliegende Bereiche: Aerosole sinken bei schwachem Wind ab
Dokumentierte Ausbrüche
Mehrere dokumentierte Ausbrüche verdeutlichen die Gefahr durch Aerosole aus Kühlanlagen:
Philadelphia 1976 – Aerosole aus der Klimaanlage:
Beim Veteranentreffen der „American Legion“ kam es zum ersten dokumentierten Ausbruch. Die Klimaanlage des Hotels verbreitete legionellenhaltige Aerosole über das Lüftungssystem. Je nach Quelle erkrankten zwischen 200 und 221 Personen, 29 bis 34 Personen starben, weil sie mit den Legionellen in Kontakt kamen. Dieser Ausbruch machte erstmals deutlich, welche Gefahr von aerosolerzeugenden Anlagen ausgeht.
Ulm 2010 – Aerosole im Probebetrieb:
Beim Veteranentreffen der „American Legion“ kam es zum ersten dokumentierten Ausbruch. Die Klimaanlage des Hotels verbreitete legionellenhaltige Aerosole über das Lüftungssystem. Je nach Quelle erkrankten zwischen 200 und 221 Personen, 29 bis 34 Personen starben, weil sie mit den Legionellen in Kontakt kamen. Dieser Ausbruch machte erstmals deutlich, welche Gefahr von aerosolerzeugenden Anlagen ausgeht.
Warstein 2013 – Multiple Aerosolquellen:
159 Erkrankte und 2 Todesfälle wurden registriert. Als Aerosolquellen wurden ein Rückkühlwerk eines Metallverarbeitungsbetriebs, eine kommunale Kläranlage und das Vorklärbecken der Warsteiner Brauerei identifiziert. Die gleichzeitige Freisetzung von Aerosolen aus mehreren Quellen verstärkte das Ausbruchsgeschehen.
Die 42. BImSchV: Kontrolle der Aerosolfreisetzung
Am 19. August 2017 trat die 42. Bundes-Immissionsschutzverordnung (42. BImSchV) in Kraft. Sie regelt die Errichtung, Beschaffenheit und den Betrieb von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern, in denen Wasser verrieselt oder versprüht wird, wobei die Entstehung von Aerosolen begünstigt werden kann.
Zielsetzung ist die Verhinderung von Legionellenemissionen und damit die Kontrolle der Freisetzung kontaminierter Aerosole durch hygienegerechten Betrieb sowie Melde-, Dokumentations- und Untersuchungspflichten. Die Regelung setzt die technischen Richtlinien VDI 2047-2/3 und VDI 3679 rechtsverbindlich um.
Ausnahmen vom Geltungsbereich:
- Anlagen mit Nutzwasser oder Verrieselungsflächen dauerhaft über 60°C: Bei diesen Temperaturen werden Legionellen abgetötet, bevor Aerosole entstehen
- Trockene Wärmeübertrager: Keine Aerosolbildung
- Befeuchtungseinrichtungen in raumlufttechnischen Anlagen: Andere Regelwerke
- Nassabscheider mit pH-Werten ≤ 4 oder ≥ 10: Legionellenwachstum gehemmt
- Anlagen in geschlossenen Hallen mit ausschließlicher Emission in diese: Keine Freisetzung in die Außenluft
Relevante VDI-Richtlinien für aerosolarme Betriebsweisen
Die VDI-Richtlinien bilden die technische Grundlage für den Anlagenbetrieb mit minimierter Aerosolkontamination:
VDI 2047 Blatt 2 regelt den hygienegerechten Betrieb von Verdunstungskühlanlagen, bei denen Wasser versprüht wird oder Aerosolbildung auftreten kann. Die Richtlinie enthält spezifische Anforderungen zur Minimierung der Aerosolfreisetzung.
VDI 2047 Blatt 3 behandelt den hygienegerechten Betrieb von Kühltürmen über 200 MW Kühlleistung (Naturzugkühltürme). Aufgrund der Größe dieser Anlagen können besonders große Mengen an Aerosolen freigesetzt werden.
VDI 3679 definiert Anforderungen an Nassabscheider, die ebenfalls Aerosole erzeugen können.
VDI 4250 Blatt 2 erschien im März 2025. Die Richtlinie beschreibt den Umgang mit legionellenhaltigen Aerosolen aus Sicht des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes und führt neue Nachweismethoden sowie ein Konzept zur Beurteilung des Infektionsgefährdungspotenzials durch Aerosole ein.
Anforderungen zur Vermeidung der Entstehung von Legionellen in Verdunstungskühlanlagen
Die 42. BImSchV definiert umfassende Anforderungen an Betreiber mit dem Ziel, die Freisetzung von Aerosolen zu verhindern.
Grundlegende Anforderung: Anlagen sind so auszulegen, zu errichten und zu betreiben, dass Verunreinigungen des Nutzwassers durch Mikroorganismen, insbesondere Legionellen, nach dem Stand der Technik vermieden werden. Dies dient direkt der Vermeidung kontaminierter Aerosole.
Konstruktive Anforderungen: Anlagen müssen so konstruiert sein, dass alle erforderlichen Wartungs-, Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durchführbar und alle Komponenten zugänglich sind. Totzonen mit stehendem Wasser sind zu vermeiden, da sich dort Legionellen vermehren, die dann mit Aerosolen freigesetzt werden.
Gefährdungsbeurteilung (GBU): Vor jeder Inbetriebnahme oder Wiederinbetriebnahme ist unter Beteiligung einer hygienisch fachkundigen Person eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Diese umfasst eine Risikoanalyse hinsichtlich der potenziellen Freisetzung kontaminierter Aerosole und deren Auswirkungen auf die Umgebung.
Betriebstagebuch: Ein Betriebstagebuch ist zu führen, jederzeit einsehbar zu halten und muss die nach § 12 geforderten Informationen enthalten:
- Standort und Art des Betriebs
- Betriebszustand
- Überschreitungen der Prüf- und Maßnahmenwerte
- Biozidzugabe
- Durchgeführte Überprüfungen nach § 14
Das Betriebstagebuch ist fünf Jahre aufzubewahren.
Checkliste vor Inbetriebnahme: Vor jeder (Wieder-)Inbetriebnahme nach Trockenlegung oder Unterbrechung des Nutzwasserkreislaufs für mehr als eine Woche sind Prüfschritte gemäß Anlage 2 der Verordnung durchzuführen. Dies verhindert, dass während der Stillstandszeit vermehrte Legionellen beim Wiederanfahren mit den Aerosolen massiv freigesetzt werden.
Meldepflichten bei Aerosolkontamination
Die 42. BImSchV regelt zwei Arten von Meldepflichten:
Anzeigepflicht gemäß § 13: Neuanlagen sind spätestens einen Monat nach der Erstbefüllung mit Nutzwasser der zuständigen Behörde anzuzeigen. Bestandsanlagen mussten dies bis zum 19. August 2018 durchführen. Änderungen, Stilllegungen und Betreiberwechsel sind unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats, anzuzeigen. Die Behörden können so nachvollziehen, welche Anlagen potenziell Aerosole freisetzen.
Informationspflicht gemäß § 10: Bei Feststellung einer Überschreitung der Maßnahmenwerte ist die zuständige Behörde unverzüglich (gemäß Anlage 3 Teil 1) und innerhalb von vier Wochen umfassend (gemäß Anlage 3 Teil 2) zu informieren. Dies ermöglicht schnelles Handeln, wenn die Gefahr der Freisetzung stark kontaminierter Aerosole besteht.
Externe Überwachung der Aerosolquellen
Der ordnungsgemäße Anlagenbetrieb ist nach der Inbetriebnahme regelmäßig alle fünf Jahre durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder eine akkreditierte Inspektionsstelle Typ A zu überprüfen. Diese Kontrollen stellen sicher, dass potenzielle Aerosolquellen dauerhaft hygienisch betrieben werden.
Die Ergebnisse sind zeitgleich dem Betreiber und der zuständigen Behörde innerhalb von vier Wochen nach Abschluss mitzuteilen.
Überwachung zur Vermeidung kontaminierter Aerosole
Die regelmäßige Überwachung der mikrobiologischen Wasserqualität ist erforderlich, um zu verhindern, dass kontaminierte Aerosole entstehen und freigesetzt werden. Ergänzend kann eine Aerosolprobenahme (Aerosol Sampling) eingesetzt werden, um die Belastung der freigesetzten Tröpfchen in der Umgebungsluft zu bewerten. Alle Laboruntersuchungen sind von einem akkreditierten Prüflaboratorium durchzuführen.
Untersuchungsintervalle für Verdunstungskühlanlagen und Nassabscheider:
- Betriebsinterne Überprüfung (chemisch/physikalisch/mikrobiologisch): mindestens zweiwöchentlich
- Laboruntersuchung auf Legionellen: mindestens alle 3 Monate (unter bestimmten Umständen alle 6 Monate)
- Laboruntersuchung der allgemeinen Koloniezahl: mindestens alle 3 Monate
Untersuchungsintervalle für Kühltürme über 200 MW:
- Betriebsinterne Überprüfung: mindestens zweiwöchentlich
- Laboruntersuchung auf Legionellen: mindestens monatlich (unter bestimmten Umständen alle 2 Monate)
- Allgemeine Koloniezahl: nicht in § 7 geregelt
Diese Untersuchungen dienen der Früherkennung: Steigt die Legionellenkonzentration im Wasser, steigt proportional auch die Konzentration in den freigesetzten Aerosolen.
Grenzwerte: Kontrolle der Aerosolkontamination
Die Verordnung definiert gestufte Grenzwerte in KBE (koloniebildende Einheiten) Legionella spp. je 100 ml Nutzwasser. Diese Grenzwerte im Wasser dienen indirekt der Kontrolle der Aerosolkontamination, da die Legionellenkonzentration in den Aerosolen direkt von der Konzentration im Wasser abhängt.
Für Verdunstungskühlanlagen und Nassabscheider:
- Prüfwert 1 (PW1): > 100 KBE/100 ml
- Prüfwert 2 (PW2): > 1.000 KBE/100 ml
- Maßnahmenwert (MW): > 10.000 KBE/100 ml
Für Kühltürme über 200 MW:
- Prüfwert 1 (PW1): > 500 KBE/100 ml
- Prüfwert 2 (PW2): > 5.000 KBE/100 ml
- Maßnahmenwert (MW): > 50.000 KBE/100 ml
Maßnahmen zur Verhinderung der Aerosolfreisetzung
Bei Überschreitung der Grenzwerte sind Maßnahmen durchzuführen, die primär die Freisetzung kontaminierter Aerosole verhindern sollen:
Bei Referenzwert-Anstieg (VKA/Nassabscheider): Bei Anstieg der allgemeinen Koloniezahl um den Faktor 100 oder mehr gegenüber dem Referenzwert sind unverzüglich Ursachenuntersuchungen und Sofortmaßnahmen zur Verminderung der mikrobiellen Belastung durchzuführen. Dies reduziert die Legionellenkonzentration in den freigesetzten Aerosolen.
Bei Überschreitung von PW1 oder PW2: Unverzüglich ist eine zusätzliche Legionellen-Laboruntersuchung durchzuführen. Bei Bestätigung sind erforderlich:
- Ursachenuntersuchungen
- Ergreifung erforderlicher Maßnahmen
- Wöchentliche interne Überprüfung
- Monatliche Laboruntersuchungen (Koloniezahl und Legionellen)
Bei Bestätigung von PW2 sind zusätzlich Sofortmaßnahmen zur Reduzierung der Belastung unter PW2 durchzuführen, um die Kontamination der Aerosole zu senken.
Bei Überschreitung des Maßnahmenwerts: Unverzüglich sind folgende Maßnahmen durchzuführen:
- Untersuchung zur Differenzierung der Legionellen (L. pneumophila Serogruppe 1, L. pneumophila andere Serogruppen, andere Legionellenarten)
- Erfüllung aller Pflichten bei PW2-Überschreitung
- Durchführung einer zusätzlichen Laboruntersuchung
- Bei Bestätigung des MW: Gefahrenabwehrmaßnahmen zur Vermeidung der Freisetzung mikroorganismenhaltiger Aerosole – dies kann bis zur vorübergehenden Stilllegung der Anlage reichen
- Unverzügliche Information der zuständigen Behörden
Analysemethoden für Wassernebel und Nutzwasser
Standardanalytik des Wassers: Die mikrobiologische Referenzmethode zum Nachweis von Legionellen in Wasseranalysen ist die Kultivierungsmethode nach ISO 11731. Kulturelle Verfahren erfordern mehrere Tage Wartezeit und erfassen lebende, aber nicht kultivierbare Bakterien (VBNC-Zustand) nicht. Die Wasseranalyse dient als Indikator für die Aerosolkontamination.
Schnellmethoden: In der VDI 4250 Blatt 2 werden kulturenunabhängige Methoden als freiwillige Ergänzung vorgeschlagen:
- Quantitative PCR
- LegioTyper (Antikörper-basiert und molekularbiologisch)
Diese Methoden ermöglichen schnellere Ergebnisse für interne Kontrollen und damit eine raschere Reaktion bei drohender Aerosolkontamination. Sie ersetzen jedoch nicht die offiziellen Kultivierungsmethoden.
Bioaerosolprobenahme: Die direkte Probenahme von Bioaerosolen an industriellen Emissionsquellen ist derzeit nicht standardisiert und erfordert hohen Aufwand. Idealerweise würde man die Aerosole direkt messen, um die tatsächliche Exposition zu bestimmen. In der Praxis erfolgt die Bewertung jedoch über die Wasseranalyse, da zwischen der Legionellenkonzentration im Wasser und in den Aerosolen ein Zusammenhang besteht.
Bekämpfungsstrategien zur Reduzierung der Aerosolkontamination
Chemische Desinfektion: Einsatz geeigneter Biozide gegen Legionellen im Kühlwasser. Biozide töten Mikroorganismen ab und sollen Biofilme durchdringen. Die Auswahl und Dosierung des Biozids ist relevant für die Wirksamkeit. Eine erfolgreiche chemische Desinfektion reduziert die Legionellenkonzentration im Wasser und damit direkt die Kontamination der freigesetzten Aerosole.
Thermische Desinfektion: Legionellen sterben bei Temperaturen ab 60°C ab. Regelmäßiges Erhitzen des Kühlwassers würde die Legionellenbelastung und damit die Aerosolkontamination eliminieren. Dies ist in der Praxis jedoch aufgrund des Kühlzwecks und der Energieeffizienz schwer umsetzbar.
Weitere Verfahren: UV-Behandlung und Filtration sind nur bedingt geeignet und führen in der Regel nicht zu dauerhaftem Erfolg. UV-Licht wirkt nur oberflächlich und erreicht Erreger in Biofilmen nicht. Diese Methoden reduzieren die Gesamtkeimzahl, können aber die Aerosolkontamination nicht vollständig verhindern.
Betriebliche Maßnahmen zur Aerosolminimierung: Neben der Bekämpfung der Legionellen im Wasser können auch betriebliche Maßnahmen die Aerosolfreisetzung reduzieren:
- Tropfenabscheider optimieren: Größere Tropfen werden abgeschieden, bevor sie als Aerosole austreten
- Luftgeschwindigkeiten anpassen: Niedrigere Geschwindigkeiten reduzieren die Aerosolbildung
- Wasserverteilung optimieren: Weniger Sprühbildung erzeugt weniger Aerosole
Die Herausforderung Biofilm: Biofilme stellen Vermehrungsorte für Legionellen dar. Bei unvollständiger Abtötung erfolgt eine schnelle Wiedervermehrung. Keime in dicken Biofilmen oder Toträumen werden durch Biozide, Wärme und UV-Licht nicht erreicht. Diese geschützten Legionellen werden kontinuierlich freigesetzt und gelangen mit den Aerosolen in die Umgebung. Die effektive Bekämpfung von Biofilmen ist daher entscheidend für die Kontrolle der Aerosolkontamination und stellt eine wesentliche Herausforderung im hygienegerechten Betrieb von Verdunstungskühlanlagen dar.
Richtig handeln und ein relevantes Gesundheitsrisiko vermeiden
Der Schutz vor legionellenhaltigen Aerosolen aus Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern erfordert Fachkenntnisse und systematische Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Die 42. BImSchV und die zugehörigen VDI-Richtlinien regeln Konstruktion, Betrieb und Überwachung dieser Anlagen mit dem Ziel, die Freisetzung kontaminierter Aerosole zu minimieren. Die dokumentierte Reichweite der Aerosole von mehreren Kilometern und die schweren Ausbrüche verdeutlichen, dass Aerosole aus Kühlanlagen ein relevantes Gesundheitsrisiko darstellen. Die fachgerechte Kontrolle der Aerosolquellen durch geschultes Personal ist daher von zentraler Bedeutung für den Gesundheitsschutz.
Termine unserer VDI 2047 Schulungen
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Präsenz-Schulung
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Online-Schulung | Mehr Details >
11.12.2025, 20.01.2026, 05.02.2026
Fragen & Antworten zum Thema Aerosole aus Kühltürmen:
Aerosole sind sehr feine Wassertröpfchen, die beim Betrieb von Verdunstungskühlanlagen entstehen und Legionellen enthalten können. Beim Einatmen gelangen sie tief in die Lunge und können Pontiac-Fieber oder die Legionärskrankheit auslösen.
Die Verteilung hängt von Wind, Luftfeuchte, Temperatur und Bebauung ab. Unter ungünstigen Bedingungen können die Tröpfchen mehrere Kilometer weit getragen werden und so auch entfernte Bereiche erreichen.
Betreiber müssen nach 42. BImSchV und VDI-Richtlinien den hygienegerechten Betrieb sicherstellen, regelmäßig prüfen lassen und bei Grenzwertüberschreitungen sofort handeln. Anwohner sollten bei ungewöhnlichen Häufungen von Lungenentzündungen auf offizielle Hinweise achten und sich bei Symptomen ärztlich untersuchen lassen.
Biofilme dienen Legionellen und ihren Wirtsamöben als geschütztes Reservoir. Selbst nach Biozid- oder Wärmeanwendungen können sich dort überlebende Keime erneut vermehren und kontinuierlich in das Nutzwasser sowie in die entstehenden Aerosole eingetragen werden.
Zwischen Legionellenkonzentration im Nutzwasser und in den Aerosolen besteht zwar ein direkter Zusammenhang, die tatsächliche Exposition hängt jedoch zusätzlich von der Aerosolbildung, Tropfengröße und den Betriebsbedingungen ab. Daher wird das Wasser mikrobiologisch untersucht, während die direkte Aerosolprobenahme nur ergänzend und aufwändig eingesetzt wird.
Die Kombination aus optimierten Tropfenabscheidern, reduzierter Luftgeschwindigkeit und gleichmäßiger Wasserverteilung senkt die Aerosolbildung signifikant. Ergänzend ist eine hygienische Anlagenkonstruktion ohne Totzonen und mit zugänglichen Komponenten entscheidend, um Biofilmwachstum und damit die Kontamination der Aerosole dauerhaft zu minimieren.