Mikrobiologische Untersuchungen des Zusatz- und Nutzwassers bilden das Rückgrat des hygienegerechten Betriebs von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern. Sie schützen vor Gesundheitsgefährdungen durch gefährliche Mikroorganismen und gewährleisten die Betriebssicherheit der Anlagen. Dabei sind die Parameter Legionellen, allgemeine Koloniezahl und Pseudomonas aeruginosa relevant. Besonders kritisch: Legionellenhaltige Aerosole können sich kilometerweit ausbreiten und schwere Lungenentzündungen verursachen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen orientieren sich an VDI 2047 Blatt 2 und der 42. BImSchV, wobei akkreditierte Prüflaboratorien nach DIN EN ISO/IEC 17025 zwingend erforderlich sind.
Bakterienbesiedelung einer Petrischale im Labor

Mikrobiologische Untersuchungen nach VDI 2047

Grundlagen mikrobiologischer Untersuchungen VDI 2047

      • Betriebsinterne Überprüfungen: Mindestens zweiwöchentlich mit Dip-Slides
      • Laboruntersuchungen: Alle drei Monate bei Verdunstungskühlanlagen, monatlich bei Kühltürmen
      • Akkreditierung: Nur zugelassene Prüflaboratorien für Matrix Kühl- und Waschwasser
      • Dokumentation: Vollständige Erfassung im Betriebstagebuch
      • Stellen der Probenahme: Konkret festgelegt und gekennzeichnet
      • Biozidinaktivierung: Bei biozidhaltigen Systemen zur Vermeidung von Minderbefund

Legionellen: Die unsichtbare Gefahr aus dem Kühlwasser

Legionellen sind natürliche Wasserbakterien mit enormem Gefahrenpotential. Sie verursachen schwere atypische Lungenentzündungen (Legionärskrankheit) oder grippeähnliche Erkrankungen (Pontiac-Fieber). Kühltürme können legionellenhaltige Aerosole über mehrere Kilometer verbreiten. Optimale Vermehrungsbedingungen finden sie bei 36°C, wobei der kritische Temperaturbereich 20-45°C umfasst.

Der Nachweis erfolgt durch Kultivierung auf hochselektivem GVPC-Nährmedium gemäß DIN EN ISO 11731 unter Berücksichtigung der UBA-Empfehlung vom 06.03.2020. Sowohl Säure- als auch Wärmebehandlung sind zur Reduktion der Begleitflora zwingend erforderlich.

Prüf- und Maßnahmenwerte bei Verdunstungskühlanlagen:

    • < 100 KBE/100 ml: Angestrebter Zustand
    • 100-1.000 KBE/100 ml (Prüfwert 1): Zusätzliche Laboruntersuchung, monatliche Kontrollen
    • 000-10.000 KBE/100 ml (Prüfwert 2): Sofortige Stoßdosierung Biozid, Ursachenermittlung
    • ≥ 10.000 KBE/100 ml: Unverzügliche Gefahrenabwehrmaßnahmen, Behördenmeldung

Koloniezahl: Der Indikator für Systemstabilität

Die allgemeine Koloniezahl fungiert als zentraler Prozessparameter für die hygienisch-mikrobiologische Beschaffenheit des Kreislaufwassers. Die Bestimmung erfolgt bei 22°C und 36°C und dient der frühzeitigen Erkennung von Systemveränderungen. Statt fester Maßnahmenwerte wird Konstanz im System angestrebt.

Jedes Nutzwassersystem besitzt einen individuellen Referenzwert, der durch mindestens sechs aufeinanderfolgende Laboruntersuchungen ermittelt wird. Alternativ kann das Erstuntersuchungsergebnis als Referenzwert dienen, sofern es maximal 10.000 KBE/ml beträgt.

Maßnahmen bei Abweichungen vom Referenzwert:

    • Anstieg um Faktor 10: Ursachenermittlung, Inspektionen, Betriebsanpassungen
    • Anstieg um Faktor 100: Nachbeprobung, sofortige Stoßdosierung Biozid

Dip-Slide-Test: Schnelle betriebsinterne Kontrolle

Der Dip-Slide-Test ermöglicht eine einfache, zeitnahe und kostengünstige betriebsinterne Prozesskontrolle der Anlage. Diese Eintauchnährmedien werden mindestens zweiwöchentlich vom Betriebspersonal eingesetzt, um die allgemeine Koloniezahl abzuschätzen.

Probenahme und Durchführungsprotokoll:

    • Vollständiges Eintauchen für 5-10 Sekunden
    • Überschüssiges Wasser abstreifen
    • Bebrütung bei 30 ± 2°C für 44 ± 4 Stunden
    • Auswertung mittels Herstellervergleichsbildern
    • Verwendung einheitlicher CASO-(TSA-)Nährböden mit Enthemmer

Die Dokumentation muss Datum, Uhrzeit, Hersteller, Probenahmestelle, Wassertemperatur, Probennummer sowie Name und Unterschrift enthalten.

Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Probenahme mit Dip-Slides findet sich in der VDI 2047 Blatt 2, Anhang C.

Pseudomonas aeruginosa: Indikator für Systemprobleme

Pseudomonas aeruginosa verursacht Lungen-, Ohren-, Augen- und Hautentzündungen bei direktem Wasserkontakt. Das Vorkommen deutet auf massive Oberflächenbesiedelung, Biofilmpräsenz oder unzureichende Desinfektion hin. Der Nachweis erfolgt nach DIN EN ISO 16266.

Konzentrationsstufen und Maßnahmen:

    • < 100 KBE/100 ml: Keine Maßnahmen erforderlich
    • 100-1.000 KBE/100 ml: Kontrolle der Wasseraufbereitung, monatliche Untersuchung
    • ≥ 1.000 KBE/100 ml: Sofortige Korrektur, Erhöhung der Probenahmestellen

TRBA 466: Arbeitsschutz bei Wartungsarbeiten

Wer an Verdunstungskühlanlagen und Kühltürmen arbeitet, hat direkten Kontakt mit potenziell gefährlichen Mikroorganismen. Die TRBA 466 – die Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe – stuft sowohl Legionella pneumophila als auch Pseudomonas aeruginosa in die Risikogruppe 2 ein. Diese Klassifizierung hat konkrete Auswirkungen: Arbeitgeber sind nach Biostoffverordnung und Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen, bevor Beschäftigte Tätigkeiten an den Anlagen aufnehmen. Wartungspersonal benötigt spezielle Schutzausrüstung, und die Arbeitsbereiche müssen entsprechend den Vorgaben für Schutzstufe 2 gestaltet sein.

Entscheidend ist: Die mikrobiologischen Risiken betreffen nicht nur die Umgebung der Anlage, sondern auch die Menschen, die sie betreiben und instandhalten.

Fazit: Kompetenz entscheidet über Anlagensicherheit

Mikrobiologische Untersuchungen nach VDI 2047 sind ein komplexes Zusammenspiel aus gesetzlichen Vorgaben, technischen Normen und praktischer Umsetzung. Von der korrekten Probenahme über die Bewertung der Messergebnisse bis hin zu den erforderlichen Sofortmaßnahmen – jeder Schritt erfordert fundiertes Fachwissen. Die fachgerechte Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen setzt daher umfassende Kenntnisse über Normen, Verfahren und Bewertungskriterien voraus – eine Expertise, die durch spezialisierte VDI 2047-Schulungen optimal vermittelt wird.

Wer benötigt die VDI 2047-Schulung?

Die VDI 2047-Schulung richtet sich an alle, die für den Betrieb, die Wartung oder die Inbetriebnahme von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen oder Nassabscheidern verantwortlich sind – also an alle, die mit der Hygiene von Kühlwassersystemen in Berührung kommen.

➨ Kurz gesagt: Alle, die mit Planung, Betrieb oder Kontrolle von Verdunstungskühlanlagen zu tun haben, sollten die VDI 2047-Schulung absolvieren – sie stellt sicher, dass Anlagen hygienisch einwandfrei, effizient und rechtssicher betrieben werden.

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Häufige Fragen zur mikrobiologischen Überwachung von Verdunstungskühlanlagen

Mikrobiologische Untersuchungen dienen der präventiven Überwachung von Kühlwasser auf gesundheitsgefährdende Mikroorganismen wie Legionellen und Pseudomonas aeruginosa. Sie sind gesetzlich vorgeschrieben nach VDI 2047 Blatt 2 und 42. BImSchV und müssen durch akkreditierte Prüflaboratorien nach DIN EN ISO/IEC 17025 durchgeführt werden. Untersucht werden die allgemeine Koloniezahl, Legionellen-Konzentration und weitere mikrobiologische Parameter.

Bei Verdunstungskühlanlagen und Nassabscheidern: mindestens alle drei Monate. Bei Kühltürmen: monatlich. Die Intervalle können bei konstant unbedenklichen Werten (Prüfwert 1 über zwei aufeinanderfolgende Jahre eingehalten) auf sechs Monate (Verdunstungskühlanlagen) bzw. zwei Monate (Kühltürme) verlängert werden. Zusätzlich sind mindestens zweiwöchentliche betriebsinterne Kontrollen mittels Dip-Slides erforderlich.

Der Referenzwert ist der „Normalzustand“ eines Nutzwassersystems hinsichtlich der allgemeinen Koloniezahl. Er wird durch mindestens sechs aufeinanderfolgende Laboruntersuchungen ermittelt oder basiert auf dem Erstuntersuchungsergebnis (maximal 10.000 KBE/ml). Weicht die Koloniezahl um den Faktor 10 oder mehr vom Referenzwert ab, sind Ursachenermittlung und Maßnahmen erforderlich.

Bei 100-1.000 KBE/100 ml (Prüfwert 1): zusätzliche Laboruntersuchung und monatliche Kontrollen. Bei 1.000-10.000 KBE/100 ml (Prüfwert 2): sofortige Stoßdosierung Biozid und Ursachenermittlung. Ab 10.000 KBE/100 ml (Maßnahmenwert): unverzügliche Gefahrenabwehrmaßnahmen, Behördenmeldung und Differenzierung der Legionellenarten durch akkreditiertes Labor.

Die TRBA 466 stuft Legionella pneumophila und Pseudomonas aeruginosa in die Risikogruppe 2 ein. Daraus folgt die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung und Arbeitsschutzgesetz für alle Beschäftigten, die an Verdunstungskühlanlagen arbeiten. Arbeitgeber müssen entsprechende Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 umsetzen, bevor Wartungspersonal Tätigkeiten an den Anlagen aufnimmt.

Expertenwissen

Die 42. Bundesimmissionsschutzverordnung ist eine gesetzliche Verordnung, die seit August 2017 den hygienegerechten Betrieb von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern regelt. Sie macht die VDI-Richtlinien 2047 Blatt 2 und 3 verbindlich und dient der Minimierung von Gesundheitsgefahren durch Legionellen-Austrag. Anlass waren mehrere schwere Legionellenausbrüche in Deutschland, darunter Ulm 2010 und Warstein 2013.

Ein Biofilm ist eine Schleimschicht aus Mikroorganismen und deren Ausscheidungen, die sich auf wasserberührten Oberflächen bildet. In Kühlsystemen bietet der Biofilm Legionellen optimalen Schutz und Lebensraum. Diese Biofilme sind resistent, sodass selbst einige Biozide versagen und die darin enthaltenen Legionellen nicht abtöten können. Biofilme fördern zudem Korrosion und vermindern die Wärmeübertragung.

Stoßdosierung bedeutet die zeitweise, hochkonzentrierte Zugabe von Bioziden (z.B. dreimal pro Woche) statt kontinuierlicher Dosierung. Diese Methode verhindert Adaptionen und Resistenzbildung von Mikroorganismen. Während der Einwirkzeit sollte die Absalzung für einige Stunden geschlossen bleiben, um Wirkstoffverluste zu vermeiden.

Absalzung ist die gezielte Ausschleusung von salzangereichertem Kühlwasser, um den Salzgehalt zu begrenzen und Korrosion sowie Ablagerungen zu verhindern. Durch Verdunstung entweicht nur reines Wasser, während gelöste Salze im Kreislauf verbleiben und sich aufkonzentrieren – die sogenannte Eindickung. Eine Absalzautomatik misst die Leitfähigkeit des Wassers und regelt vollautomatisch den Austausch gegen Frischwasser.

KBE steht für „Koloniebildende Einheit“ und ist die Einheit, in der die Anzahl anzüchtbarer und auszählbarer Mikroorganismen ausgedrückt wird. Die Angabe erfolgt typischerweise als KBE/100 ml für Legionellen oder KBE/ml für die allgemeine Koloniezahl. Ein KBE entspricht dabei einer Bakterienkolonie, die auf einem Nährmedium aus einem einzelnen vermehrungsfähigen Mikroorganismus oder einer Zellgruppe entsteht.

Termine unserer VDI 2047-Schulungen

VDI
Lernformate:
Nächste Termine:
04.11.2025, 12.11.2025, 27.11.2025

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