Die 42. BImSchV verpflichtet Betreiber von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern zu umfangreichen Prüf- und Meldepflichten. Doch nicht jede Anlage fällt automatisch unter diese Regelungen. Die Verordnung definiert klare Ausnahmen – teils generell, teils durch behördliche Einzelfallentscheidung.

Dieser Artikel zeigt, wann Anlagen ausgenommen sind und wie Betreiber eine Ausnahmegenehmigung beantragen können.

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Warum gibt es Ausnahmen? Das Grundprinzip der Verordnung

Die 42. BImSchV zielt darauf ab, Legionellose-Ausbrüche zu verhindern. Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider können unter bestimmten Bedingungen legionellenhaltige Aerosole freisetzen, die beim Einatmen zu schweren Lungenentzündungen führen. Legionellen vermehren sich besonders gut in technischen Wassersystemen bei Temperaturen zwischen 25 °C und 45 °C.

Die Verordnung fordert deshalb:

      • Hygienisch sicheren Betrieb nach Stand der Technik
      • Gefährdungsbeurteilungen durch fachkundige Personen
      • Regelmäßige Laboruntersuchungen auf Legionellen (alle 3 Monate bei Verdunstungskühlanlagen, monatlich bei Kühltürmen)
      • Elektronische Anzeige über das System KaVKA-42.BV
      • Betriebstagebuch und Überprüfung durch Sachverständige alle 5 Jahre
Allerdings gibt es Anlagen, bei denen das Legionellenrisiko konstruktiv oder betriebsbedingt ausgeschlossen ist. Hier greifen die Ausnahmen.

Generelle Ausnahmen vom Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 2)

Die Verordnung benennt in § 1 Absatz 2 neun Fälle, in denen Anlagen explizit nicht erfasst werden. Der Betreiber muss selbst prüfen, ob eine dieser Ausnahmen zutrifft. 

Ausnahmen für alle Anlagentypen 

Ausnahmegrund  Bedingung  Wichtiger Hinweis 
Hohe Wassertemperatur  Nutzwasser und Verrieselungsflächen haben dauerhaft ≥ 60 °C  „Dauerhaft“ bedeutet: zu jedem Zeitpunkt 
Hohe Salzkonzentration  Salzgehalt dauerhaft > 100 g Halogenide/Liter  Muss kontinuierlich eingehalten werden 
Emission in Hallen  Anlage steht in Halle und emittiert nur in diese Halle  Einfache Einhausungen reichen nicht 

Ausnahmen speziell für Verdunstungskühlanlagen

Ausnahmegrund  Bedingung 
Kondenswasserbildung (Taupunktunterschreitung)  Insbesondere Anlagen mit Kaltwassersätzen 
Geschlossene Wärmeübertrager  Prozesswärme-Fluid nur im geschlossenen Kreislauf, Wärmeübertragung ausschließlich über Luft (keine Benetzung) 
Befeuchtung in RLT-Anlagen  Integrierter Bestandteil der luftführenden Bereiche 

Ausnahmen nur für Nassabscheider

Ausnahmegrund  Bedingung 
Extreme pH-Werte  pH-Wert dauerhaft ≤ 4 oder ≥ 10 
Erhitztes Abgas  Abgas nach Abscheider mind. 10 Sek. auf ≥ 72 °C erhitzt → trockenes Abgas 
Frischwasser im Durchlaufbetrieb  Ausschließlich Frischwasser, kein Kreislauf 
Wichtig: Biofilter und Rieselbettfilter gelten nicht als Nassabscheider im Sinne der Verordnung. 

 Grenzfälle und häufige Fehlannahmen

Irrtum 1: Durchlaufbetrieb gilt für alle Anlagen

Die Ausnahme für Frischwasser im Durchlaufbetrieb gilt nur für Nassabscheider. Verdunstungskühlanlagen fallen nicht darunter. Zudem: Wird Wasser auch nur zeitweise ersetzt, liegt bereits ein Kreislaufbetrieb vor – die Ausnahme greift nicht.

Irrtum 2: Adiabate Rückkühler sind generell ausgenommen

Adiabate Rückkühler fallen grundsätzlich unter die 42. BImSchV. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn vollständig ausgeschlossen werden kann, dass Wassertröpfchen am Wärmeübertrager niederschlagen. In der Praxis ist dieser Nachweis schwierig, da oft Restfeuchtigkeit verbleibt.

Irrtum 3: Herstellerzertifikate befreien von der Verordnung

Manche Hersteller stellen Zertifikate aus, die besagen, ihre Anlage falle nicht unter die 42. BImSchV. Behörden akzeptieren solche Zertifikate nicht, da sie die konkrete Einbausituation vor Ort nicht berücksichtigen. Eine generelle Freistellung ist nicht möglich.

Irrtum 4: Einfache Einhausungen reichen für die Hallenausnahme

Die Ausnahme nach § 1 Abs. 2 Nr. 9 gilt nur, wenn die Anlage in einer geschlossenen Halle steht und die Emissionen dort verbleiben. Wird die Abluft über das Dach nach außen abgeführt, greift die Ausnahme nicht.

Irrtum 5: Extreme pH-Werte gelten für alle Anlagen

Die Ausnahme für pH-Werte ≤ 4 oder ≥ 10 gilt ausschließlich für Nassabscheider, nicht für Verdunstungskühlanlagen.

So prüfen Betreiber, ob ihre Anlage ausgenommen ist

Checkliste: Schritt-für-Schritt-Prüfung

    • Schritt 1: Anlagentyp bestimmen
      Handelt es sich um eine Verdunstungskühlanlage, einen Kühlturm oder einen Nassabscheider?
    • Schritt 2: Ausnahmen nach § 1 Abs. 2 prüfen
      Trifft eine der generellen Ausnahmen zu?
      Sind die Bedingungen dauerhaft (zu jedem Zeitpunkt) erfüllt?
    • Schritt 3: Dokumentation erstellen
      Betriebsparameter dokumentieren (Temperatur, pH-Wert, Salzgehalt, Betriebsweise)
      Bei Unsicherheit: Fachkundige Person oder Sachverständigen hinzuziehen
    • Schritt 4: Im Zweifel behördlich klären
      Bei Grenzfällen: Behörde kontaktieren und Einzelfallprüfung beantragen
Wichtig: Keine Grauzone!
Betreiber tragen die Beweislast. Bei Unsicherheit sollten sie sich nicht auf eine Ausnahme verlassen, sondern die Anlage anzeigen und ggf. eine Ausnahmegenehmigung beantragen.

Individuelle Ausnahmegenehmigungen (§ 15) 

Auch wenn eine Anlage nicht unter die generellen Ausnahmen fällt, kann die Behörde auf Antrag Ausnahmen von einzelnen Anforderungen zulassen. Die Prüf- und Maßnahmenwerte aus Anlage 1 sind davon ausgenommen. 

Drei Wege zur Ausnahmegenehmigung 

1. Unverhältnismäßiger Aufwand (§ 15 Abs. 1) 

Voraussetzungen: 

Einzelne Anforderungen sind nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfüllbar 
Im Übrigen werden die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Begrenzung der Legionellenvermehrung angewandt 

Beispiel: Kraftwerke mit ungeplanten Stillstandszeiten können die 7-Tage-Frist für die Zusatzwasseranalyse oft nicht einhalten. Hier kann eine Fristverlängerung auf bis zu einem Monat beantragt werden. 

2. Wechsel zum „Kühlturmregime“ (§ 15 Abs. 2) 

Was bedeutet das?

Betreiber von Verdunstungskühlanlagen oder Nassabscheidern können beantragen, stattdessen die Anforderungen für Kühltürme (Abschnitt 4) einzuhalten. 

Vorteil: 

Keine Pflicht zur Bestimmung des Referenzwertes für die allgemeine Koloniezahl 

Nachteil: 

Laboruntersuchungen auf Legionellen monatlich statt quartalsweise 

Wichtig: Die Prüfwerte für Verdunstungskühlanlagen und Nassabscheider bleiben bestehen. 

3. Ausschluss des Legionellenwachstums (§ 15 Abs. 3) 

Voraussetzungen: 

Durch die Betriebsführung kann nachweislich ein signifikantes Legionellenwachstum über die Zeit ausgeschlossen werden 
Die Grundsätze der Vorsorge und Gefahrenabwehr werden nicht beeinträchtigt 

Beispiel: Der Betreiber weist durch Labortests nach, dass im verwendeten Waschwasser (z. B. mit Additiven versetzt) keine Legionellen überleben können. 

Antragstellung: So gehen Betreiber vor

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Schritt 1: Konkreten Bezug herstellen

    • Der Antrag muss sich zwingend auf die konkrete Anforderung der Verordnung beziehen, von der eine Ausnahme erwirkt werden soll
    • Nicht pauschal „Befreiung von der 42. BImSchV“ beantragen

Schritt 2: Begründung ausarbeiten

    • Darlegen, warum die Anforderungen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfüllbar sind
    • Bei § 15 Abs. 3: Nachweis erbringen, dass Legionellenwachstum ausgeschlossen ist

Schritt 3: Sachverständigengutachten einholen

    • Die Behörde verlangt im Regelfall ein belastbares Sachverständigengutachten
    • Mikrobiologischer Sachverstand ist erforderlich
    • Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige unterstützen bei der Erarbeitung

Schritt 4: Antrag bei der zuständigen Behörde einreichen

In fast allen Bundesländern sind die unteren Immissionsschutzbehörden zuständig. Das sind die Umwelt-, Gewerbe- oder Ordnungsämter der Landkreise und kreisfreien Städte.

Schritt 5: Befristung beachten

    • Ausnahmen können befristet werden
    • Bei neuen Erkenntnissen kann eine Neubewertung erforderlich sein

Checkliste: Das gehört in den Antrag

      • Konkrete Benennung der Anforderung, von der eine Ausnahme beantragt wird
      • Begründung, warum die Anforderung nicht erfüllbar oder unverhältnismäßig ist
      • Sachverständigengutachten (mikrobiologisch fundiert)
      • Nachweis, dass der Stand der Technik im Übrigen eingehalten wird
      • Bei § 15 Abs. 3: Nachweis, dass Legionellenwachstum ausgeschlossen ist
      • Anlagenbeschreibung und Betriebsparameter
      • Dokumentation der bisherigen Betriebsführung (falls vorhanden)

Die Rolle der Behörden: Wann werden Ausnahmen erteilt?

Prüfungsmaßstab der Behörde

    • Die zuständige Behörde prüft jeden Antrag im Einzelfall. Dabei gilt:
    • Zurückhaltung: Ausnahmen werden nur in besonders gelagerten Fällen und mit Blick auf den Gesundheitsschutz erteilt
    • Ermessensentscheidung: Die Behörde „kann“ Ausnahmen zulassen (keine Rechtspflicht)
    • Beweislast beim Betreiber: Der Betreiber muss die Voraussetzungen nachweisen, nicht die Behörde

Wann werden Anträge abgelehnt?

    • Ausnahmen werden typischerweise abgelehnt, wenn:
    • Besonders hohe Risiken bestehen (z. B. Verzicht auf Laboruntersuchungen auf Legionellen)
    • Die Grundsätze der Vorsorge und Gefahrenabwehr gefährdet sind
    • Der Nachweis unzureichend ist (z. B. fehlendes Sachverständigengutachten)
    • Die Ausnahme nicht auf den Einzelfall bezogen ist

Ersatzregelungen

Nach § 15 Abs. 2 soll die Behörde zulassen, dass Verdunstungskühlanlagen und Nassabscheider die strengeren Anforderungen für Kühltürme einhalten. Diese Option wird als „Soll-Vorschrift“ formuliert – die Behörde hat hier weniger Ermessensspielraum.

Fazit: Ausnahmen sind möglich, aber kein Automatismus

Die 42. BImSchV bietet sowohl generelle Ausnahmen (§ 1 Abs. 2) als auch individuelle Ausnahmegenehmigungen (§ 15). Während die generellen Ausnahmen objektiv durch die Bauart oder dauerhafte Betriebsparameter begründet sind (z. B. durchgehend hohe Temperatur), erfordern individuelle Ausnahmen einen begründeten Antrag und meist ein Sachverständigengutachten.

Wichtig für Betreiber:

  • Keine Selbstfreistellung durch Herstellerzertifikate
  • Bei Unsicherheit Anlage anzeigen und Ausnahmegenehmigung beantragen
  • Beweislast liegt beim Betreiber
  • Behörden entscheiden zurückhaltend im Interesse des Gesundheitsschutzes
  • Wer sich unsicher ist, ob seine Anlage unter die Verordnung fällt, sollte frühzeitig fachkundige Unterstützung einholen – Sachverständige helfen bei der Prüfung und Antragstellung.
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Fragen & Antworten zur 42. BImSchV:

Ihre Anlage ist ausgenommen, wenn dauerhaft eine dieser Bedingungen erfüllt ist: Nutzwasser konstant ≥ 60 °C, Salzkonzentration > 100 g Halogenide/Liter, Kondenswasserbildung durch Taupunktunterschreitung, geschlossener Wärmeübertrager mit nur Luftwärmeübertragung oder Emission ausschließlich in eine Halle. „Dauerhaft“ bedeutet zu jedem Zeitpunkt.

Ja, nach § 15 sind drei Ausnahmearten möglich: bei unverhältnismäßigem Aufwand (Abs. 1), beim Wechsel zu Kühlturm-Anforderungen (Abs. 2) oder bei nachweislich ausgeschlossenem Legionellenwachstum (Abs. 3). Die Prüf- und Maßnahmenwerte aus Anlage 1 bleiben jedoch verpflichtend.

Sie benötigen eine konkrete Benennung der Anforderung, von der Sie ausgenommen werden möchten, eine Begründung der Unverhältnismäßigkeit, ein mikrobiologisches Sachverständigengutachten und den Nachweis, dass der Stand der Technik eingehalten wird. Die Beweislast liegt beim Betreiber, die Behörde entscheidet im Einzelfall.

Nein, diese Ausnahme gilt ausschließlich für Nassabscheider. Zudem liegt bei teilweisem Wasseraustausch bereits ein Kreislaufbetrieb vor, sodass die Ausnahme nicht greift.

Nein, Behörden akzeptieren Herstellerzertifikate nicht als Nachweis für eine Ausnahme, da sie die konkrete Einbausituation vor Ort nicht berücksichtigen. Bei Unsicherheit sollten Sie die Anlage anzeigen und gegebenenfalls eine Ausnahmegenehmigung nach § 15 beantragen.

Die VDI 2047 – auch „VDI-Kühlturmregeln“ – beinhaltet die Anforderungen an den hygienischen Betrieb von Rückkühlwerken. Sie ist seit 2015 als anerkannte Regel der Technik rechtsverbindlich und bildet die Grundlage der 42. BImSchV. Blatt 2 regelt Verdunstungskühlanlagen, Blatt 3 Kühltürme, Blatt 4 die Schulungsanforderungen.

Die VDI 2047 – auch „VDI-Kühlturmregeln“ – beinhaltet die Anforderungen an den hygienischen Betrieb von Rückkühlwerken. Sie ist seit 2015 als anerkannte Regel der Technik rechtsverbindlich und bildet die Grundlage der 42. BImSchV. Blatt 2 regelt Verdunstungskühlanlagen, Blatt 3 Kühltürme, Blatt 4 die Schulungsanforderungen.

KaVKA-42.BV ist eine Web-Anwendung zur elektronischen Anzeige von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern gemäß § 13 der 42. BImSchV. Über dieses System erfolgen alle Anzeigepflichten und die Meldung von Maßnahmenwertüberschreitungen.

Die DIN EN ISO/IEC 17025 ist der weltweite Standard für Laborakkreditierung, der genaue und zuverlässige Messergebnisse gewährleistet. Nach der 42. BImSchV müssen Laboruntersuchungen und Probenahmen durch ein nach dieser Norm akkreditiertes Labor erfolgen, das speziell für Nutzwasser gemäß § 3 Absatz 8 der 42. BImSchV zugelassen ist.

Die 42. BImSchV fordert, dass der sichere Betrieb durch hygienisch fachkundige Personen begleitet wird, die eine Schulung nach VDI 2047 absolviert haben. Diese Personen benötigen ein abgeschlossenes technisches oder naturwissenschaftliches Studium (oder Meister-/Technikerprüfung) sowie mindestens fünf Jahre Berufserfahrung im Bereich wasserführender Anlagen. Sie erstellen die Gefährdungsbeurteilung und begleiten den hygienischen Betrieb.

Zuständige Behörden

Lesen Sie hier mehr über die verantwortlichen Behörden und deren Aufgaben.

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Über die 42. BImSchV

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